Die SGD und der Fluch der früh beendeten Saison

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • „Ich hab Koppschmerzen, mir geht‘s hundeelend, aber ich freu mich riiiieeeesig für Dynamo. Mir ham jahrelang droff gewartet, jetzt isses wieder soweit: DIE SGD IS WIEDER DAAA!“

    Diese Worte stammen nicht vom 16.04.2016, sondern vom 24.05.2011. Was war das für ein Aufstieg, was für ein Finale, ein Triumph in der 2. Halbzeit der Verlängerung gegen den VfL Osnabrück. Ekstase quer durch Deutschland, in jeder Ecke, in der auch nur ein Fan des Vereins zu finden war.

    Und heute? Heute sind wir 4 Spieltage vor Ende der Saison aufgestiegen, 2 Jahre nach einem der bittersten Abgänge überhaupt. Als die Könige des Unentschiedens im letzten Spiel ein Unentschieden brauchten und es nicht fertig brachten. Als eine Ansammlung von Individualisten es nicht fertig brachte, ein Team zu werden und fast vollständig wirklich innerhalb einer Stunde die Stadt verließ und nie wieder kehrte.

    Die Saison 2015/2016 stellt eine der besten Spielzeiten überhaupt dar. Rekorde purzelten, Gegner wurden auseinander genommen nach allen Regeln der Kunst. Mensch, ein komplettes Jahr, das man abfeiern muss und was geschieht? Man spricht wieder über die bösen, die unbelehrbaren und sowieso nicht echten Fans von Dynamo Dresden.

    Vor fast genau einem Jahr musste die Zeit bis zum Saisonende damit überbrückt werden, festzustellen, ob Justin Eilers nun eine Freundin hat oder nicht. Damals im Gespräch, unsere Boulevard- und RTL – Ikone Katja Kühne, die dann ablösefrei zu Quirin Moll und mit diesem nun (wieder ablösefrei) nach Braunschweig wechselt. Also zur Eintracht, (noch) nicht zu einem festen Spieler.
    Dieses Jahr werden wir die Zeit bis zum letzten Spieltag wohl damit verbringen, den Anhang der SGD wieder in Kategorien einzuteilen. Wie auch bei vielen anderen Themen wird dabei gern in möglichst wenig Ebenen gedacht. Gut und böse, schwarz und weiß und dazwischen am besten nichts.

    Aber was ist passiert? Nun, es begab sich, dass Dynamo in Magdeburg den irgendwie schon klaren Aufstieg auch rechnerisch perfekt gemacht hat. Osnabrück (ja, schon wieder die) konnte machen, was sie wollten, unser 2:2 bedeutete den Aufstieg, die Rückkehr in die Traumliga, in der Heidenheim, Sandhausen und andere Pilgerstätten der deutschen Fußballkultur warten.
    Sowas gehört gefeiert und zwar richsch, wie der wohl erzogene Dresdner sagen würde. Das hatte man auch vor. In Dresden warteten 10 000 Leute, die nicht mitreisen konnten auf die Mannschaft, pervers, wie der Fan aus der Landeshauptstadt Sachsens ist, teilweise schon ab um eense mittachs.

    Der MDR wollte eine fernsehtaugliche Aufstiegsfeier übertragen, doch dann kamen sie. Der Abschaum der Menschheit, das Tiefste vom Tiefen, Auswärtsfahrer! Diese wurden laut Augenzeugenberichten in Magdeburg wie das letzte Stück Dreck behandelt, zu einem nicht geringen Teil in Kabelbindern auf eine Wiese gesetzt, ein weiterer großer Teil mit der traditionellen Willkommenskultur Berliner Polizisten, bestehend aus Schlagstöcken und Pfefferspray ,traktiert und Verletzte nicht versorgt. Fußballfan und Menschenrechte, 2 Dinge, die nie gemeinsam zum Altar marschieren werden.

    Dass man nach so einem Nachmittag nicht unbedingt vollkommen happy zurück reist und kommentarlos zur Tagesordnung übergeht, dürfte klar sein und vielleicht sollte man das auch berücksichtigen, wenn ein Teil dieser Auswärtsfahrer mit einer großen Menge Wut wieder in der Heimatstadt aufschlägt und nicht in die unerträglichen Malle – Party – Hits von DJ Hauskeller einstimmt.

    Ja, es sah schon martialisch aus, als der Mannschaftsbus begleitet wurde von Bengalos, Nebeltöpfen und Knallern. Aber sah es nicht auch martialisch GEIL aus? Wurde das nicht noch vor 2 Jahren gefeiert, als vorm letzten Saisonspiel die Mannschaft so aus ihrer Lethargie gerissen werden sollte, als sie mit dem Bus auf dem Weg zum entscheidenden Spiel war? Na na? Ganz ehrlich?

    Ja, es sah noch heftiger aus, als die Gruppe in den K – Block marschierte, aber sehen wir nicht alle recht gerne von Fackeln erleuchtete Stadien? Na na? Ganz ehrlich.
    Ja, es ist nicht zu vertreten, wenn ein Teil dieser Auswärtsfahrer auf die Tribüne im eigenen Stadion, besetzt mit den eigenen Fans, zuläuft und posiert, als würde dort der Endgegner, der Erzfeind warten. Da bin ich ganz ehrlich.

    Ja, der Spaß hört auf, wenn Raketen in Richtung Menschen fliegen und nur mit Glück nicht in diesen hochgehen, sondern an der Mauer abprallen und keinem etwas passiert und gottverdammt ja, ich hatte eine Stinkwut, dass in diesem Moment Leute gefährdet wurden, die nichts, aber auch gar nichts mit dem 1. FCM und der freidrehenden Bullerei zu tun haben.

    Aber was ist denn nun wirklich passiert? Und gibt in diesem Schauspiel nur eine böse Seite? Sollten sich vielleicht nicht auch Zuschauer auf der Westtribüne hinterfragen, ob sie drangsalierte Fans des eigenen Vereins mit Pfiffen begrüßen müssen? Keiner fordert, dass alles, was im K geschieht, gut befunden werden soll. Für mich ist das Verhalten des K – Blocks beim Thema Stefan Kutschke der absolute Tiefpunkt der Saison. Für andere war es die Ankunft gestern. Auch der starke Kerl hinter seiner Sturmi sollte nachdenken, ob er sich gestern das richtige Ventil zum Entladen seiner verständlichen Wut gesucht hat und hoffentlich zu einer sehr deutlichen und klaren Antwort kommen.

    Wir ALLE sollten bedenken, dass nach diesen Szenen, die durch den Capo im Großen und Ganzen beendet und mit klaren Worten bedacht wurden, eine fantastische Aufstiegsfeier stattfand. Mit uns Fans auf dem Spielfeld. Mit unseren Spielern zwischen den Fans. Glückliche, sehr sehr betrunkene aber faszinierte Spieler, die erleben konnten, was Dynamo ausmacht. Kein hysterischer Vater, keine hysterische Mutti hätte mit ihrem Kind wirklich flüchten müssen. Ich sah ein kleines Mädel jubelnd über unseren Rasen laufen, stolz mit dem Aufstiegsshirt vom Papa. Jungs spielten Eile nach und rutschten auf Knien über den Platz. Ja! Wir sind chaotisch, wir sind hart, dreckig und manchmal auch einfach doof. Aber wir lieben diesen Verein, wir lieben die Jungs, die uns eine Saison für die Ewigkeit beschert haben. Also lasst uns nicht die letzten 4 Spieltage damit verbringen, uns mal wieder gegenseitig zu zerfleischen. Ehrt unsere Jungs mit einem dynamotypischen Saisonende.

    Dankt Janis, Patrick, Jeff, Markus, Mokki, Hefe, den vielen, sooo vielen Müllers, Jannik, Fabian und Jimi, dankt den in nicht geringerer Anzahl auftretenden Niklassen (Niklassis?, Nikoläusen) Kreuzer, Hauptmann, Landgraf. Dankt dem auch in schwierigen Zeiten breit lachenden Tex, dankt Fabian Holthaus, Hartmanns Marco und dem unberechenbaren, wie genialen Aias. Sagt doch mal danke zu Johann Weiß, Luca Dürholtz, dem Lumpi, unserem Marv, Sinan, Quirin, Robin, Robert (von mir gleich noch danke fürs Foto!), Tom und Tim. Verdrückt ein paar Freudentränen wie unser Paco, explodiert wie Eile oder jubelt wie Peter. Vielleicht nehmt ihr den Aufstieg auch einfach trocken hin, wie unser Uwe.

    Was immer ihr tut. Lasst euch dieses Jahr nicht kaputt machen, nicht von euch selbst und schon gar nicht von anderen. Ob die nun aus Magdeburg, vom ZDF, RTL oder der BILD kommen. Nehmt nicht an der ganzjährigen Hysterie teil, die immer da ist und nur ab und zu mal die Hauptdarsteller wechselt.

    Denkt immer dran, von welchem Verein ihr Fan seid und lebt das. Schwarze Lunge, gelber Finger, wir sind die Asis vom Dresdner Zwinger.
    In diesem Sinne. Noch 4 schöne Spiele und dann ausruhen für Lautern und Co.

    P.S.: Sollte in meiner gewissenhaften Namensaufzählung einer fehlen, der es unbedingt verdient hat, erwähnt zu werden, entschuldige ich mich aufrichtig.


    © BO - 34. Spieltag 1.FC Magdeburg- SG Dynamo Dresden Sonnabend 16.4.2016, 14.05Uhr

    2.015 mal gelesen